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Es ist unser dritter Besuch bei den Nandri Projekten nach der Pandemie, insgesamt waren wir mittlerweile mehr als zehn Mal hier. Wie bei uns in Deutschland, so ist auch in Tamil Nadu „Normalität“ eingekehrt, wenn wir die geopolitischen Krisen und Auswirkungen des Klimawandels ausblenden. Und „Normalität“ bedeutet dort Armut, ständige Suche der Väter und Mütter nach Tagelohnarbeiten, Beseitigung der Auswirkungen der Regenflutkatastrophe und Kinder, die in bitterster Armut aufwachsen müssen.
Wir freuen uns auf den Besuch und haben uns dieses Mal für zwei Wochen ein straffes Programm vorgenommen: Mehrtätiger Besuch der Little Flower High School (LFHS), die an den Folgen der Regenflutkatastrophe leidet, eintägige Besuche bei jedem unserer sechs Dorfzentren in den Irular-Dörfern und drei Tage im 500 km entfernten Madurai bei unserem Frauenhaus. Und zusätzlich ein Wochenende mit vielen der insgesamt 50 von Nandri geförderten Studenten. Das Ganze führen wir durch mit unserem Projektleiter Arputham, Direktor der Schule, und seinem erwachsenen Sohn Ashok, der Projektleiterin für die Dorfzentren Francis und der Projektleiterin Glory für unser Frauenhaus.
Überall schlägt uns herzliche Freude über unseren Besuch, große Ernsthaftigkeit bei der Betreuung der Familien und Kinder und generell eine hohe Motivation entgegen. Und natürlich immer ein höherer Bedarf an sinnvoller Unterstützung als wir aktuell finanzieren können. Wir haben bei Nandri großes Glück mit solch selbstlosen und fähigen Partnern, das spürt man bei der gemeinsamen Zeit sehr deutlich. Unsere Sozialarbeiter wiederum ziehen Ansporn und Energie aus der Zeit mit uns, weil Nandri ein sehr verlässlicher und langfristiger Partner ist (25 Jahre Hilfe durch Monika Gerbas und Nandri!)
Dieser Bericht gibt einen Überblick über unsere Projekte und die Verausgabung der Spendengelder und ist für den eiligen Leser gedacht. Für diejenigen mit mehr Zeit und Interesse gibt es dann noch je einen detaillierten Bericht für (1) die LFHS, (2) die Irular-Dörfer und (3) das Frauenhaus. Im detaillierten Bericht stellen wir auch das eine oder andere Kind bzw. Kinderschicksal dar.
Im Ganzen überwiegt der Eindruck deutlichen Fortschrittes: Nandri bewegt hier mit begrenzten Mitteln wirklich etwas und zeichnet sich durch Beständigkeit, Fokus auf Bildung und allmähliche Ausdehnung des Wirkungsbereiches aus. Alle Spender und Paten – und auch wir als Ehrenamtler – können mit Nandri und seinem Wirken mehr als zufrieden sein.
Die LFHS hat sich nach den Covid-Schließungen mit ca. 200 Schülern und 11 Lehrerinnen gut stabilisiert. Es wurde (durch eine andere Hilfsorganisation) ein neues Girls-Hostel gebaut und die Kinder erfreuen sich an Betten, ein Novum in der mehr als 20jährigen Geschichte der Schule, wo normalerweise alle Kinder auf einer Matte auf dem Boden schlafen. Es fehlen noch ca. 20 Betten, sodass einige Mädchen sich aktuell ein Bett teilen müssen. Ein wirkliches Problem ist die Infrastruktur, die durch die Regenflutkatastrophe stark gelitten hat. Sie hat gezeigt, dass wir dringend in Hochwasserschutz investieren müssen. Die Maßnahmen dazu sollen in der Sommerpause April / Mai durchgeführt werden. Spenden dafür (wir benötigen ca. 10.000€) sind herzlich willkommen. Der Schulbetrieb läuft reibungslos und gerade die Abschlussklassen 10 und 12 waren intensiv am Pauken für die anstehenden Prüfungen.
Die Nandri-Dorfzentren in den Irular-Dörfern sind eine wichtige und nachhaltige Errungenschaft für die Ärmsten der Armen. Ganz deutlich erkennbar an Veeranakunnam, wo wir persönlich die Entwicklung seit der Eröffnung mit einer Behelfshütte in 2018 „hautnah“ verfolgen konnten. Heute gehen dort fast 40 Kinder in die Tuition und sehen ordentlich und sauber aus. Auch die schulischen Leistungen werden langsam besser und Kinderheiraten sind nicht mehr vorgekommen. Ebenso sieht es in den anderen Zentren aus; die meisten haben große Fortschritte gemacht. Nandri fördert mehr als 200 Irular-Kinder, die ohne uns kaum eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben hätten. Die Infrastruktur benötigt immer wieder Mittel und auch ein neues Dorfzentrum für Veeranakunnam als Ersatz für die Behelfshütte wird nach der guten Entwicklung nötig.
Gute Nachrichten gibt es auch beim Personal. Eine ehemalige Lehrerin von uns – Kalaiselvi – entwickelt sich zu einer starken Stütze von Francis und betreut die gewachsene Zahl an 20 Lehrerinnen/Köchinnen mit großer Energie. Sie ist viel auf den Dörfern unterwegs, schlichtet bei Problemen mit Eltern, bringt Schüler wieder zurück in die Schule und sorgt für Transparenz bei der Entwicklung der von Nandri geförderten Kinder.
Das Frauenhaus in Madurai entwickelt sich ebenfalls sehr gut. Nachdem viele wichtige Abnahmen und Zertifizierungen vorliegen, ist das junge Frauenhaus gut etabliert und betreut ca. 50 psychisch labile, missbrauchte bzw. verstoßene Frauen, die ansonsten im wahrsten Sinne des Wortes am Straßenrand sterben würden. Dazu gibt es sechs Festangestellte und medizinische Betreuung durch Ärzte bzw. Krankenschwestern, die regelmäßig das Frauenhaus besuchen und auf ihr Honorar verzichten. Glory und ihr Team kümmern sich rührend, mit menschlicher Wärme und Sachverstand um die bedauernswerten Frauen. Einige haben es sogar wieder den Weg zurück in ihre Familien geschafft.
Wir fahren müde, aber zufrieden wieder zurück nach Deutschland und können das, was wir hier sonst als selbstverständlich nehmen – z.B. saubere Luft, Trinkwasser aus dem Wasserhahn, einigermaßen geordnete Verhältnisse in einer Demokratie – wieder richtig wertschätzen. Die Spenden, die Sie Nandri anvertrauen, sind ein sehr gute Investition in Bildung, gute Ernährung und Hilfe zur Selbsthilfe für Kinder aus den ärmlichsten Verhältnissen. Gerne bringen wir deren Lachen, Freude, Motivation und Dankbarkeit auf diesem Wege auch für Sie „mit nach Hause“! Und bei all diesen Eindrücken sind wir immer wieder begeistert von diesem Land zwischen bitterster Armut und der Ambition, auf den Mars zu gelangen.
Ihre/Eure Claudia und Steffen Roehn im Februar 2024